Der Herr ist gut!

Ich wurde 1963 in München geboren. Mein Vater hält sich zur katholisch-apostolischen Kirche. Meine Mutter lehnte diesen Glauben ab. Da gab es reichlich Spannung und meine Mutter begann zu trinken. Mein Vater zog sich von der Familie zurück. Nach meiner Schulzeit wollte ich dem Familienverhältnis entfliehen und wählte den Beruf des Matrosen. Doch das Leben an Bord habe ich zunehmend als Gefängnis empfunden.
Zurück in München, blieb mir das Elternhaus verschlossen. Ich war einsam, verlassen, und lernte auch Hunger kennen. Ohne einen Ausweg zu sehen, revoltierte ich durch Drogengenuß. Wirkliche Freunde und Familie fehlten mir. Manchmal erinnerte ich mich an Berichte von Christen, wie sie mit Jesus zu einem völlig neuen Leben gefunden haben. Ich habe sie nicht ernst nehmen wollen und ausgelacht. Heute weiß ich, wie ungerecht ich damals war.
Um mich aber aus meiner Situation herauszureißen, bestritt ich zunächst meinen Lebensunterhalt mit verschiedenen Jobs. Mit dem Beginn einer Berufsausbildung zum Landschaftsgärtner nahm ich mein Leben endgültig wieder selbst in die Hand. Ich konnte meine Arbeit gut ausrichten und wurde allgemein als lebensfroher und freundlicher Mensch geschätzt. Doch tief in meinem Inneren fühlte ich mich weiterhin einsam. Ich spürte, wie ich zu einer echten Beziehung nicht fähig war. Ich empfand das nun wie ein Gefängnis in mir selbst.
Ich sehnte mich danach, wieder frei zu werden. In verschiedenen Gebieten der Grenzwissenschaften suchte ich vergeblich nach einer zufriedenstellende Antwort. Einen realen Bezug zu meiner Person konnte ich in dieser Scheinwelt nicht finden. Die ersehnte Antwort blieb aus. Bis ich erneut Christen kennenlernte. Anhand ihres Lebens konnte ich die Wirklichkeit der Liebe Gottes erkennen. Ich spürte, wie Gott auch der Herr über mein Leben sein möchte. Was ich schon so oft gehört habe, konnte ich auf einmal verstehen: Gott hat aus Liebe zu mir seinen Sohn Jesus Christus Mensch werden lassen. Weil Gott aber zornig über meine Sünde und Verschuldungen ist, ließ er Jesus am Kreuz dafür sterben. Doch Jesus wurde auferweckt. Er hat mir alle falschen Wege vergeben, die mich von Gott trennen.
Da konnte ich nichts anderes tun, als diese große Liebe Gottes für mich persönlich anzunehmen. Es war der Plan Gottes für mich, meine kaputte Beziehung zu ihm wiederherzustellen.
Mit Jesus habe ich ein neues Leben gefunden, nach dem ich ein so großes Verlangen hatte. Ich ging zu einer christlichen Gemeinde und wurde liebevoll aufgenommen. Dort habe ich wirkliche Heilung und Veränderung erfahren und ließ mich taufen. Es stellte sich sehr bald heraus, daß ich zu einem vollzeitlichen Dienst an der Gemeinde berufen bin. Dazu holte ich zunächst mein Abi nach. In einem Gebetskreis lernte ich meine liebe Frau Hildegard kennen und wir heirateten am 19.04.1990. Zwei Jahre später erblickte dann unser Sohn Benaja das Licht der Welt.
Meine Mitarbeit in der Gemeinde bereitete mir viel Freude. So entschied ich mich für ein Studium an der Freien Theologischen Akademie in Gießen. Mein Studium hatte ich unter schwersten Bedingungen zu bestehen. Meine Frau bekam eine Depression. Trotz fachlicher Hilfe und der Begleitung meinerseits kam es zu einem Suizidversuch. Sie überlebte mit schweren Verletzungen, die monatelang Krankenhausaufenthalte nach sich zogen. Mit der zusätzlichen Sorge für Benaja war ich oft völlig erschöpft.
Nach einer Zeit der Besserung sprang Hildegard am 20.10.98 aus dem Fenster der Wetzlarer Klinik. Sie starb am selben Tag. Für mich und Benaja war das eine äußerst schwierige Situation. Die jahrelange Begleitung meiner Frau in ihrer Krankheit und dann ihr Tod.
In meiner sehr schmerzhaften Trauer wußte ich um die Nähe Gottes. Ich konnte ihm alles sagen und war nicht allein. Ich bekam immer wieder neue Kraft und spürte den Segen Gottes. So konnte ich mich um meinen Sohn kümmern und das Examensjahr abschließen. Es waren hunderte von Menschen, die mir durch ihr Gebet beistanden. Ich erhielt auch praktische Hilfe. Die Frage nach dem Warum bleibt offen.
Gott hat auf die Not und das Leiden meiner Frau geantwortet. Sie ist jetzt bei Ihm. Obwohl in meiner Familie eine große Lücke entstanden ist, hilft mir die Erkenntnis, daß Gott in Seiner Liebe zu uns und zu den Leidenden souverŠn handelt. Heute erlebe ich den Tod meiner Frau auch als befreiend. Die tägliche Sorge und Spannung entfällt. Durch die Schwierigkeiten bin ich mit einem ungewollten Tempo geistlich reifer geworden. Ich kann eine neue Lebensphase beginnen und gewinne neue Perspektiven. Mein Leben geht weiter und die Gnade Gottes erlaubt immer wieder einen neuen Anfang.
Der Vers aus Nahum 1,7 wurde mir bei dem Gedenkgottesdienst an meine Frau Hildegard zugesprochen. In einer Zeit, in der alles in meinem Leben zusammengebrochen zu sein schien. Heute aber kann ich Euch und allen sagen: "Der Herr ist gut"
"Gut ist der Herr; er ist ein Zufluchtsort am Tag der Bedrängnis, und er kennt die, die sich bei ihm bergen".
Robert Mellenthin


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